MUSIK
EAV
1000 Jahre EAV
Ariola/Sony/VÖ: 29.11.2019
Nach 42 Jahren und 1.600 Konzerten verabschiedete sich die Erste Allgemeine Verunsicherung im September 2019 in Wien endgültig von ihrem Publikum. Der dreistündige Mitschnitt macht noch einmal deutlich, warum man diese Band so sehr vermissen wird.
Wer in den 1980-ern oder 1990-ern von der Pubertät in das Erwachsenenalter rutschte, der wird kaum an der Ersten Allgemeinen Verunsicherung aus der österreichischen Steiermark vorbeigekommen sein. "Ba-Ba-Banküberfall", "Küss die Hand schöne Frau" oder "Burli": An die großen Hits der EAV erinnert man sich ganz sicher auch noch lange nach ihrem Ende, das ein umfangreicher Konzertmitschnitt nun endgültig besiegelt: "1000 Jahre EAV - Der Abschied".
Die Eingebung für den eigenwilligen Bandnamen gab einst eine österreichische Versicherung namens Erste Allgemeine Versicherung (gegründet 1832, aufgelöst 1998). Abgesehen davon, dass die 1977 gegründete Band das Unternehmen überdauerte, zeigt sich darin auch, dass Provokation und Humor seit jeher zwei Grundpfeiler der Gruppe waren, in deren Zentrum vor allem Gitarrist/Produzent Thomas Spitzer und Sänger/Conférencier Klaus Eberhartinger standen. Obwohl Eberhartinger erst vier Jahre nach der Gründung zur EAV kam, galt er bis zuletzt als Gesicht und Stimme der weit über die Grenzen Österreichs hinaus bekannten Pop-Rock-Band, die nie mit ihren Überzeugungen hinter dem Berg hielt.
Was in den späten 1970-ern als anarchisches und linksliberales Musikrocktheater begann, kann nach über 1.600 Konzerten in Österreich, Deutschland, der Schweiz, Italien, Liechtenstein und Tschechien und über 10 Millionen verkauften Alben auf eine überaus erfolgreiche Karriere zurückblicken, die nach einer Abschiedstournee ihren ewigen Frieden finden möchte.
"300 PS an der Copacabana"
Schon 2018 erschien das letzte Studioalbum "Alles ist erlaubt", danach folgte eine letzte Tour mit 93 Shows, viele davon ausverkauft. Das Finale wurde am 14. September 2019 in der Wiener Stadthalle mit über 12.000 Besuchern und einem dreistündigen Programm zelebriert, dessen Mitschnitt nun in verschiedenen Konfigurationen veröffentlicht wird. Es gibt eine 3-CD-Edition, außerdem eine Blu-ray-, eine DVD- und eine limitierte Buch-Edition, die mit 80 neu gestalteten Seiten von Mastermind Thomas Spitzer zahlreiche Zusatzinformationen zu allen Alben der vergangenen 42 Jahre enthält.
Natürlich sind Single-Hits wie "Küss die Hand schöne Frau", "Ba-Ba-Banküberfall", "Samurai" oder "An der Copacabana" enthalten, die live allerdings oft neu
interpretiert und ausgeschmückt wurden. So erklingt hier dann neben dem "Retro-Medley" oder dem "Teufel-Medley" plötzlich auch die Song-Verschmelzung "300 PS an der Copacabana". Bei allem Spaß,
der auch in der einen oder anderen Ansage deutlich wird, überzeugt die Band auch bei ihrem letzten großen Auftritt mit präzisem Spiel, das von Eberhartingers pointierten Texten souverän
akzentuiert wird. Ihr clever verpacktes Engagement gegen korrupte Politiker, soziale Missstände oder auch Rechtspopulismus kommt in Songs wie "Eierkopf-Rudi" oder "Heimatlied Rechts 2,3" auch
live sehr deutlich zum Ausdruck. Hinter der EAV steckte eben schon immer weit mehr als bloß eine partytaugliche Band mit Mitsingmelodien. Am Ende sind es wahrscheinlich sogar die kritischen,
beißenden Töne, die man am meisten vermissen wird.
Klaas Tigchelaar // Veröffentlicht bei MSN Microsoft
News
25.11.2019
MUSIK
Coldplay
Everyday Life
Parlophone/Warner/VÖ: 22.11.2019
Lange wurden Fans und Medien an der Nase herumgeführt, nun ist es endlich soweit: Nach zahlreichen Spekulationen um neue Musik von Coldplay ist nun "Everyday Life" erschienen - ein Doppelalbum.
Humor ist in der Musikwelt eine nicht zu unterschätzende Fähigkeit, gerade bei Bands von Weltrang. Wenige Tage vor dem Erscheinen ihres neuen Studioalbums zeigten Coldplay mit Anzeigen in der neuseeländischen Zeitung "Otago Daily Times" (Auflage: 43.000 Exemplare) und einer Anzeige in der "North Wales Daily Post", wie man Journalisten im digitalen Zeitalter auf Trab hält.
In Neuseeland bekamen die Leser alle Songtexte geliefert, während in Wales die Tracklist des mittlerweile achten Albums "Everyday Life" abgedruckt wurde. Damit feiert die Band ihr neues Album auf originelle Weise. Sie zeigt aber auch, dass ihre PR-Abteilung weiß, was sie tut - denn natürlich erzeugt man mit solch einer sanft-abstrusen Guerilla-Vermarktung ein riesiges Medienecho.
"Wir haben ungefähr die letzten hundert Jahre an diesem Ding namens 'Everyday Life' gearbeitet", heißt es in Briefen, die vorab an Fans versandt wurden; man könne das neue Werk auch ein Doppel-Album nennen. Eine Hälfte heißt "Sunrise", die andere "Sunset", ließ die Band um Sänger Chris Martin wissen. Zumindest für Vinyl-Fans ist es tatsächlich ein Doppelalbum geworden: zwei Schallplatten mit jeweils acht Songs, produziert von The Dream Team und mit Gästen wie Femi Kuti, Stromae, Tiwa Savage und Jacob Collier äußerst geschmackvoll geschmückt.
Zwischen "Sunrise" und "Sunset"
"Everyday Life", hieß es im Vorfeld, sollte ein "experimentelles" Album werden. Natürlich finden sich hier wieder die hoffnungsvollen Klavierhymnen mit Chris Martins einzigartiger Stimme und den ganz großen Gesten. Aber Coldplay haben diesmal tatsächlich noch mehr im Gepäck: "Trouble In Town" offenbart sich als wohlig-warmer Poptrack, der von fließenden E-Bass-Linien, zurückhaltendem Klavierspiel und beinahe flüsterndem Gesang geprägt ist. "Broken" zaubert einen ganzen Gospel-Chor aus dem Hut, der zur Ekstase wenig mehr als kollektives Fingerschnippen braucht. "When I Need A Friend" legt mit einem in endlosem Kirchenhall badenden Chorarrangement gesanglich noch einen drauf.
So ist "Everyday Life" eine Art zweiseitiges Konzeptalbum geworden, das Erwartungshaltungen bedient, gleichzeitig aber auch viele kreative Freiräume erschafft. "Guns" als Beginn der "Sunset"-Hälfte etwa ist ein wachgeküsster, karger Akustikgitarrensong, der wieselflink über ein paar geschrammelte Akkorde hinwegfegt. Der Titelsong "Everyday Life", das Schlusslicht, erinnert dann als pompöses Klavierdrama wieder an die Lieder, die für Coldplay einst den Weg in die großen Hallen ebneten. Hits wie "Yellow" oder "Speed Of Sound" finden hier würdige Nachfolger. Die facettenreiche neue Platte hält aber auch ein paar Highlights für diejenigen bereit, die Weiterentwicklung erwarten und nicht bei jedem Konzert die ewig gleiche Setlist aus Mitsinghits einfordern.
Ob Coldplay im neuen Jahr gleich noch einmal ein neues Album veröffentlichen werden, wie zwischenzeitlich spekuliert wurde, ist derzeit unklar. Die Fans wie auch
die Medien werden die Geschehnisse um die Band aber sicher weiter aufmerksam verfolgen - nicht nur in Neuseeland und Wales.
Klaas Tigchelaar // Veröffentlicht in der Mittelbayerische
Zeitung
22.11.2019
MUSIK
Friends Of Gas
Carrara EP
Staatsakt/Bertus/H'Art/VÖ: 15.11.2019
Mit ihrem Debütalbum »Fatal Schwach« haben die Münchener um Nina Walser 2016 die deutsche Musiklandschaft kräftig durchgeschüttelt. Kompromissloser monotoner Post-, Kraut- und Noiserock mit einer einzigartigen Sängerin, bei der die kryptischen Texte so ramponiert aus den Boxen rattern, als hätte sie mit einem Eimer Bimssteine gegurgelt.
Unter der Regie von Produzent Olaf O.P.A.L. legt die Band nun eine EP mit drei Songs nach, die in ihrer fatalistischen Intensität einen glatten Anschlusstreffer erzielen.
Der titelgebende Track löst sich nach der Hälfte schon in einem penetranten Gitarrenakkord auf, dessen verhallte Dringlichkeit noch weitere endlose Minuten anhält. Da können die beiden Begleiter »Kalter Apparat« und »Von Müssen« beinahe als fokussierte Poptracks herhalten, deren bedrohlich-repetitive Bassläufe und fluffige Schlagzeuggrooves sich wunderbar an Walsers Stimme reiben.
Und klar, der Titel nimmt Bezug auf den gleichnamigen italienischen Ort, der nach Definition der Band nur aus Marmor besteht, von Parkbänken bis hin zu ganzen
Fassaden. Ein schimmernd-glänzendes, aber bretthartes Material, das den Friends Of Gas natürlich ziemlich ähnlich erscheint.
Klaas Tigchelaar // Veröffentlicht im Stadtmagazin Schnüss 15.11.2019
MUSIK
Bonnie Prince Billy
I Made A Place
Domino/Goodtogo/VÖ: 15.11.2019
Will Oldham, beziehungsweise sein längst gefestigtes Alter Ego Bonnie „Prince“ Billy ist trotz seiner Liebe für konservativ-geschwungene Country-Folk-Musik immer wieder für eine Überraschung gut.
Vor diesem Album hat er sich vor allem dem Gebiet der Coversongs gewidmet (u.a. mit Interpretationen der Everly Brothers, Mekons, Merle Haggard und sogar mit Plagiaten des eigenen Materials), auch weil er davon überzeugt war, dass das altehrwürdige System der Musikindustrie atomisiert wurde, und er nur lange genug den Atem anhalten müsse, bis der Sturm vorbeigezogen war.
Aber dann hatte er plötzlich einen Haufen neuer Songs, die eigentlich nicht aufgenommen werden sollten, und dann aber doch den Weg auf ins Tonstudio suchten. Inspiration fand er u.a. bei hawaiianischen Musikern wie Johnny Lum Ho und Edith Kanaka’ole und der norwegischen Singer/Songwriterin Susanna Wallumrod.
Ein langer Vorspann für eine doch letztlich typische Bonnie-Platte, die von sanften Tönen, lieblichen Harmonien und der zerbrechlich-hohen Stimme des Bandkopfes bestimmt wird. »Squid Eye« tätschelt mit Schlagzeug, Flöten, Geige und Chören die zeitlose Country-Melancholie, während »Nothing Is Busted« unter dröhnender Orgel und bedeutsamer Langsamkeit eine beklemmende Gospel-Übersinnlichkeit verkörpert, die von dezenten Bläsersätzen flankiert wird.
Tradition und Kreativität gehen bei Oldham wie immer einen ungewöhnlichen Bund ein, der Country-Folk-Hardliner über den Tellerrand blicken lässt und die Indie-Schatzsucher mit musikalischem Background versorgt – eine Platte wie ein prasselndes Lagerfeuer an einem klirrenden Winterwochenende.
Klaas Tigchelaar // Veröffentlicht im Stadtmagazin Schnüss
15.11.2019
MUSIK
Milky Chance
Mind The Moon
Vertigo/Universal/VÖ: 15.11.2019
Deutsche Bands, die internationale Erfolge feiern, sind nach wie vor selten. Milky Chance aus Kassel aber haben es geschafft. Gelingt ihnen mit dem neuen Album "Mind The Moon" der nächste große Coup?
Die beiden Klangwelten der Vorgängeralben "Sadnecessary" (2013) und "Blossom" (2017) zusammenzuführen, das war das erklärte Ziel für das neue Album von Milky Chance.
Das Ergebnis: "Mind The Moon", der dritte Langspieler des erfolgreichen Popacts aus Kassel, bietet tanzbare Elektronik, niedliche Popmelodien und diesen ganz eigenen Milky-Chance-Sound, der auch im Ausland viele Liebhaber hat.
Mit Hitsingles wie "Stolen Dance" oder "Cocoon" haben Clemens Rehbein und Philipp Dausch es schon eindrucksvoll bewiesen: Englischsprachige Musik aus Deutschland muss nicht immer sofort als solche erkennbar sein. Ihr fließender, gefälliger Electropop klingt international und souverän, zudem besitzt Rehbeins leicht nölige Stimme einen enormen Wiedererkennungswert. Das alles ließ die Nordhessen in relativ kurzer Zeit zu internationalen Lieblingen aufsteigen.
Immerhin spielten Milky Chance sich mit ihrer erste Single "Stolen Dance" (2013) nicht nur in Europa, sondern auch in Kanada, Australien und Neuseeland in die Top Ten. Das Duo gehört außerdem zu den ganz wenigen deutschen Acts, die es in die amerikanischen Late-Night-Shows von Jimmy Kimmel, Jimmy Fallon und Conan O'Brien schafften. Obendrein erlangte das Debütalbum "Sadnecessary" in den USA Goldstatus - auch davon können viele andere deutsche Bands, die auf Englisch singen, nur träumen.
Im beschaulichen Kassel, wo Rehbein und Dausch sich mittlerweile ein eigenes Studio eingerichtet haben, ist von der ganzen Hysterie natürlich wenig zu spüren. Ideale Bedingungen also, um für das dritte Album tatsächlich eine Essenz aus den beiden erfolgreichen Vorgängeralben zu destillieren. Ein paar Sessions in Australien, Italien und Norwegen gab es trotzdem, um doch noch ein bisschen internationales Flair einzufangen. Die mehrstimmigen Gesangseinlagen von "Eden's House" (featuring Ladysmith Black Mambazo) oder der lässige Reggae-Groove von "Daydreaming" gehören zu den Momenten auf "Mind The Moon", in denen das besonders gut gelang.
Wie beabsichtigt bleibt die Band (mittlerweile sind sie zumindest live zu viert) auf "Mind The Moon" auch sehr nah am eigenen Trademark-Sound, was die Songs allerdings alle ein bisschen ähnlich klingen lässt. Trotzdem schaffen Milky Chance es, mit immer neuen Aha-Momenten die Spannung hochzuhalten und ihrem gefälligen Electropop den nötigen Tiefgang zu verpassen. Auch beim dritten oder vierten Hördurchgang entdeckt man hier und da noch überraschende neue Facetten. Ob das am Ende auch wieder für internationale Charterfolge reichen wird? Gönnen würde man es den beiden Kasselern, die im Gegensatz zu anderen deutschen Export-Schlagern keine lauten Stromgitarren und kein Pyro-Spektakel brauchen, in jedem Fall.
Klaas Tigchelaar // Veröffentlicht in der Mittelbayerische Zeitung 14.11.2019
MUSIK
Molly Burch
The Molly Burch Christmas Album
Captured Tracks/Cargo/VÖ: 15.11.2019
Ein Weihnachtsalbum zwischen Klassikern und Indie-Touch: Wer noch etwas Originelles für das Fest sucht, sollte bei Molly Burch in jedem Fall fündig werden.
Kitsch in der coolen Variante: "The Molly Burch Chistmas Album" gehört zu den gelungensten Veröffentlichungen der aktuellen Saison.
Irgendwann findet man sich damit ab: An Weihnachten muss Weihnachtsmusik laufen. Also warum nicht direkt unter den vielen festlichen Veröffentlichungen eine gute herauspicken? „The Molly Burch Christmas Album“ zum Beispiel: Das gerade erschienene Werk der US-amerikanischen Singer/Songwriterin vereint populäre Standards und gelungene Eigenkompositionen.
Natürlich gibt es das Album auch als Playlist. Aber eventuell hört man in der familiären Runde auch mal beschaulich-altmodisch auf CD, oder eventuell gar auf Omas alter Kompaktanlage mit Schallplattenspieler - an fehlenden Formatmöglichkeiten wird das Weihnachtsfest mit Molly Burch jedenfalls nicht scheitern.
Die Musikerin aus Texas, die Jazzgesang studiert hat und 2017 mit ihrem Debütalbum „Please Be Mine“ souverän den Spannungsbogen zwischen Angel Olsen, Nina Simone und Billie Holiday mit schaurig-schönen Liedern im Retro-Gewand auskleidete, ist auf den ersten Blick eine ungewöhnliche Kandidatin für ein Weihnachtsalbum. Neben zwei geschmackvollen Eigenkompositionen beweist Burch, die nach wie vor am Anfang einer vielversprechenden Karriere steht, auch ein Händchen bei der Auswahl der richtigen Coversongs. Besonders gelungen sind unter anderem die Interpretationen von „Hard Candy Christmas“ (Dolly Parton), das weniger bekannte Stück „Snow Queen Of Texas“ (The Mamas & The Papas) und „What Do The Lonely Do At Christmas?“ (The Emotions).
Einer der originellsten Momente auf diesem „Christmas Album“: Mit gesanglicher Unterstützung von Komiker John Early („Search Party“) und Komikerin Kate Berlant („Once Upon A Time In Hollywood“) erstrahlt hier auch der Wham!-Evergreen „Last Christmas“ in einer humorvollen Neuinterpretation, wobei Burch natürlich nicht auf die prägnante Melodie, das Geschmeide und die Weihnachtsglöckchen verzichtet.
Zum Finale ertönt dann auch noch „Auld Lang Syne“ (in Deutschland bekannt als „Nehmt Abschied, Brüder“). Das alte schottische Lied, welches schon von zahlreichen
Musikern und Orchestern interpretiert wurde, gehört im englischsprachigen Raum traditionell zum Jahreswechsel. Mit diesem Stück und ABBAs „Happy New Year“, dem vorletzten Titel auf diesem
abwechslungsreichen Weihnachtsalbum, hat Molly Burch also gleich auch noch zwei Sylvester-Smasher dazugepackt. So geht Festtagsplatte!
Klaas Tigchelaar // Veröffentlicht beim Weser-Kurier
19.12.2019
MUSIK
Vetiver
Up On High
Loose Music/Rough Trade/VÖ: 01.11.2019
Obwohl Andy Cabic mit Vetiver bereits sein siebtes Album vorlegt, ist er den meisten Leuten wohl als musikalischer Partner von Devendra Banhart oder Joanna Newsom bekannt.
Ein umtriebiger Musiker und Produzent, der bei Vetiver seinen Ruhepol findet. Cabics samtene Stimme, die flirrenden Akustikgitarren-Akkorde und das unaufgeregt swingende Bandgefüge aus Schlagzeug und E-Bass strahlen gelassene Entspannung aus, die in kompakt-mitreißenden Songs münden. Kleine Popmusik-Juwele, die sich so sanft heranpirschen, dass man ihnen besondere Aufmerksamkeit schenken muss.
Denn Songs wie »All We Could Want«, dessen Ekstase sich bloß aus einer schleppenden E-Gitarren-Linie und den flinken Fills des Schlagzeugers generiert, sind der
wohltuende Gegenentwurf für unseren hysterischen Alltagswahnsinn. Mit stoischer Gelassenheit tänzeln Cabic und Band durch zehn eingängige Songs, denen die Hysterie einer Ohrwurm-Melodie zwar
bewusst abgeht, die aber trotzdem noch lange und sehr angenehm im Ohr nachhallen. Diese Perfektion der unaufdringlichen Eingängigkeit macht »Up On High« dann auch noch ein kleines bisschen
Empfehlenswerter als den ebenfalls schon sehr guten, aber geringfügig lauteren Vorgänger »Complete Strangers« (2015).
Klaas Tigchelaar // Veröffentlicht im Stadtmagazin Klenkes
01.11.2019